Artikel in der RHEIN-PFALZ
22. Oktober 2021
von Anja Benndorf → Link zum Rhein-Pfalz-Onlineartikel
Roberto Parisi ist mit Leib und Seele Kfz-Mechatronikermeister. Einfach nur den Job zu machen, reicht ihm nicht. Man müsse sich immer neuen Herausforderungen stellen, Alleinstellungsmerkmale suchen, um konkurrenzfähig zu bleiben, findet er. „Werkstatt kann jeder, man muss sich abheben“, meint der Pfälzer mit italienischen Wurzeln. „Als ich von dem Wettbewerb der Fachmedienmarke kfz-betrieb gelesen habe, dachte ich, da könnten wir mal mitmachen“, erzählt Parisi. Die Teilnahme hat ihn einige Mühe gekostet. 20 Seiten an Formularen mussten ausgefüllt werden, der Ausrichter, die Vogel Communications Group aus Würzburg, habe quasi alles über seinen Betrieb wissen wollen.
„Dabei hat der Fokus darauf gelegen, wie ich mit meiner Belegschaft umgehe, ob die Kunden zufrieden sind und wie innovativ der Betrieb ist“, berichtet Parisi. Das Prozedere scheint viele der knapp 22.000 freien Werkstätten, unabhängigen Autohäuser und Kfz-Service-Betriebe in Deutschland abgeschreckt zu haben, denn um den Preis bewarben sich nur 59 Firmen. Parisi kann das nicht nachvollziehen. „Wenn ich gut abschneide, ist das doch kostenlose Werbung für mich“, sagt er. Davon, dass er unter den Top Ten landen würde, hätte er freilich nicht zu träumen gewagt.
Das Team ist auch schon für Stromer bereit
Stundenlang wurde sein ATP Autoservice unter die Lupe genommen: von Vertretern der Prüforganisation GTÜ sowie der weltgrößten Fachbesuchermesse Automechanika und des Reifenherstellers Continental. Kameraleute und Journalisten aus der Redaktion kfz-betrieb, die seit 1911 über das Automobilgewerbe schreibt, waren ebenfalls dabei. „Die haben sehr viele Fragen gestellt und sogar geguckt, ob meine Hebebühne noch TÜV hat“, erzählt der Inhaber. Es wurde auch ein siebenminütiges Video über seine Firma gedreht.
Vor wenigen Tagen nahm Parisi bei einer Feier in Würzburg den vierten Preis entgegen. Dort kam der 53-Jährige mit den Inhabern der anderen Top-Ten-Unternehmen ins Gespräch. „Mit sieben treffe ich mich Ende Oktober beim Pizza-Weltmeister in Ingelheim“, erzählt Parisi. Netzwerke zu bilden sei immer von Vorteil. Und ebenso wichtig sei es, sich permanent weiterzubilden. Dieses Wochenende besucht er zum Beispiel die „Karosserie- und Schadenstage“ im Vogel Convention Center Würzburg.
Ausstattung soll stets auf neuestem Stand sein
„Wissen ist Macht“, sagt der Kfz-Meister, der auch dafür sorgt, dass seine sechs Mitarbeiter regelmäßig Schulungen besuchen. So seien alle Mitglieder des Teams in der Hochvolt-Technologie ausgebildet, damit sie Elektroautos warten und reparieren können. Das Werkzeug, das man für Stromer benötigt, sei auch bereits angeschafft worden, wie Parisi berichtet, denn mit der Ausstattung seiner Werkstatt will er stets auf dem neuesten Stand sein.
Der Service in seinem 2015 eröffneten Betrieb reiche bis hin zu TÜV-Abnahmen und der Kalibrierung von Kameras in Windschutzscheiben. „Die Anlage, die man dafür braucht, kostet allein rund 25.000 Euro“, erzählt Parisi. Für Wohnmobile biete er einen Service samt Gasanlagenprüfung, könne auch Karosserien veredeln und Oldtimer restaurieren. Sei ein Originalteil nicht mehr lieferbar, versuche er, andere Lösungen zu finden – getreu dem Motto „Geht nicht, gibts nicht“.
Stationen in Pforzheim, Mannheim, Frankenthal
Während der Corona-Krise hat der Mechatroniker nicht weniger, sondern mehr zu tun gehabt, wie er erzählt: „Weil die Leute endlich Zeit gefunden haben, auch mal kleinere Reparaturen machen zu lassen.“ Seinen Jahresumsatz für 2020 gibt Parisi, der sich bei der Dekra als offizieller Covid-19-Tester zertifizieren ließ, mit 480.000 Euro an.
Gelernt hat er sein Handwerk bei einem VW- und Audi-Händler in Ludwigshafen. Nach Stationen im Hochspannungsbereich bei Siemens in Pforzheim und in der Entwicklungsabteilung bei Mercedes in Mannheim, eröffnete Parisi 1995 nebenberuflich seine erste Werkstatt in Frankenthal. 2002 hatte er den Meisterbrief in der Tasche. In Rheingönheim baute er die alte Weizenbierbrauerei für seine Zwecke um. Später führte er einen Kfz-Service in Bad Dürkheim. Als ihm wegen Eigenbedarf gekündigt wurde, verschlug es ihn schließlich nach Sausenheim.
Praktika für Kids mit geistigen Einschränkungen
Dort gibt der zweifache Vater nun auch regelmäßig Jugendlichen mit geistigen Behinderungen aus der Hans-Zulliger-Schule die Chance, Praktika zu absolvieren. Ein junger Mann mit Handicap habe bei ihm gerade die Ausbildung abgeschlossen. Die Zeit und Geduld bringt Parisi gern auf, denn er findet, dass auch diese Menschen ihren Lebensunterhalt selbstständig verdienen können sollten. Der 53-Jährige hat auch schon Benefiz-CDs gesponsert, um Kindern mit Down-Syndrom zu helfen. Und als ein Kunde neulich einen schweren Arbeitsunfall hatte, stellte er eine Spendendose für ihn auf den Tresen. Am Ende konnte Parisi 1400 Euro übergeben.